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07.05.2010, 16:06 Uhr
Ein absehbares Desaster?
Schlimmer hätte es nicht kommen können für alle, die es mit Griechenland gut meinen. Landesweite Streiks, massive Gewalt und die ersten Todesopfer in Athen. So hatten sich die Partner in der Währungsunion die Reaktionen auf die soeben beschlossene Soforthilfe wohl kaum vorgestellt. Die brennenden Banken und Autos wirken wie ein Fanal. Löst sich in diesen Wochen die Vision vom europäischen Haus in Flammen auf?

Die Wut der Demonstranten gegen die drohenden harten Einschnitte zur Sanierung der Staatsfinanzen ist verständlich. Die Gewalt gegen Personen und Sachen indes nicht. Auch in Deutschland sind den Bürgern die Milliarden für Griechenland nur schwer zu vermitteln. Und so werden die Politiker nicht müde festzustellen, wer die Schuld an der Krise trägt: Zum einen die Griechen, die jahrelang bei ihren Bilanzen bewusst täuschten und tricksten. Zum anderen die Zocker und Spekulanten auf dem internationalen Finanzparkett, die den Staatsbankrott massiv beförderten. Dass deutsche Politiker das griechische Desaster möglicherweise hätten verhindern können, davon spricht niemand. Dabei gab es massive Versäumnisse und Fehler. Und alle fragen sich: Wie konnte das chronisch verschuldete Griechenland überhaupt in der Euro-Zone landen?

So gab es bereits 2001 erste öffentliche Alarmsignale und Hinweise auf die "kreative Buchführung" der Griechen. Es gab viele Stimmen, die die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Griechen für äußerst riskant hielten. Sie wurden verspottet, als fortschrittsfeindlich getadelt. Damals reagierten weder Bundeskanzler Schröder noch sein Finanzminister Eichel. Im Gegenteil: Sie plädierten in den Folgejahren immer wieder sogar noch für eine Lockerung der Kriterien des europäischen Wachstums- und Stabilitätspakts. SPD und Grüne plädierten im Jahre 2000 per offiziellen Antrag für den Euro-Beitritt der Griechen und würdigten die "größsten Anstrengungen " Griechenlands. Die Aufnahme Griechenlands war ein währungspolitisches Eigentor. Aber niemand hat es damals für möglich gehalten, dass das kleine Griechenland den ganzen Euro-Raum überhaupt erschüttern kann. Die Maastricher Verträge, deren Beschlüsse zur Währungsunion sind inzwischen kaum noch das Papier wert, auf dem sie einst gedruckt wurden.

Die Griechen haben zweifelsfrei weit über ihre Verhältnisse gelebt. Sie haben das Geld  mit vollen Händen zur Fenster herausgeworfen. Sie haben gelogen und betrogen. Aber sie waren damit nicht allein. Auch Portugiesen, Spanier und Iren wirtschafteten ihre Länder in den Ruin. Nicht vergessen dürfen wir Deutschen, wie schwer es uns fiel, die Kriterien zum Eintritt in die Währungsunion zu erfüllen, zum Teil erklärt durch die Lasten der deutschen Einheit.

Unverzeilich jedoch bleibt, dass es keine Prüfmechanismen der EU gab, sondern dass die Europa-Politiker nur zu gern glaubten, was ihnen die Regierungen zur Leistungsfähigkeit ihrer heimischen Wirtschaft vorlegten. Die Folgen dieser Naivität sind heute in Griechenland zu besichtigen.

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